Worauf es im Recruiting wirklich ankommt
Die Herausforderungen in der Personalbeschaffung sind vielfältig und komplex. Geschäftsführer, Vorstände und Personalverantwortliche stehen heute mehr denn je unter Druck, effektive und nachhaltige Strategien für das Recruiting zu entwickeln.
Im Mittelpunkt vieler Diskussionen steht die Behauptung, Deutschland leide unter einem Fachkräftemangel. Doch was sind die wahren Ursachen für die Schwierigkeiten im Rekrutierungsprozess?
In diesem Artikel möchten wir einen differenzierten Blick auf die Kernelemente erfolgreichen Recruitings werfen – und auf die oft übersehenen menschlichen Faktoren, die sowohl zu Absagen bei Projekten als auch zu Missverständnissen zwischen Bewerbern und Unternehmen führen können.
Die Wahrheit über den Fachkräftemangel
Mythen und Realität
Der viel zitierte Fachkräftemangel in Deutschland wird häufig als Hauptursache für Rekrutierungsprobleme genannt. Zahlreiche Studien stützen diese These mit Hinweisen auf eine alternde Bevölkerung und Engpässe in bestimmten Branchen. Doch in der Praxis zeigt sich ein differenzierteres Bild: Oft fehlt es weniger an qualifizierten Personen – sondern an Kandidaten, die auch menschlich, kommunikativ und kulturell in moderne Unternehmen passen.
Echte Expertise – aber mit Haltung
Während die Anzahl verfügbarer Spezialisten in manchen Bereichen rückläufig ist, fällt erfahrenen Recruitern eines immer wieder auf: Fachwissen allein reicht nicht.
Viele Bewerber – insbesondere aus älteren Generationen – zeigen im persönlichen Gespräch Persönlichkeitsmerkmale, die nicht in die moderne Arbeitswelt passen. Selbstüberschätzung, geringe Selbstreflexion oder ein ausgeprägter Narzissmus wirken abschreckend. Selbst wenn die Qualifikation stimmt, führt ein unangenehmes Auftreten oder eine mangelhafte Kommunikationsfähigkeit nicht selten zur Absage.
Die Rolle des Alters im Recruiting-Prozess
Eine Frage der Haltung, nicht des Geburtsdatums
Viele Interim Manager und erfahrene Fachkräfte interpretieren Absagen als Altersdiskriminierung. Tatsächlich jedoch basieren Entscheidungen häufig nicht primär auf dem Alter, sondern auf dem Gesamteindruck. Wenn ältere Kandidaten mit einer überholten Selbstdarstellung auftreten, wenig Dialogfähigkeit zeigen oder sich als schwer führbar darstellen, geraten sie ins Hintertreffen – nicht wegen ihres Alters, sondern wegen ihrer Wirkung.
Erfahrung richtig präsentieren
Wertvolle Berufserfahrung, Führungskompetenz und Branchenwissen sind wichtige Assets. Aber sie müssen in einer Form präsentiert werden, die zur heutigen Arbeitskultur passt: teamfähig, lernbereit, kommunikativ und reflektiert. Bewerber, die dies nicht vermitteln können – oder durch Arroganz, mangelnde Offenheit oder Unsympathie auffallen – scheitern im Auswahlprozess, selbst wenn sie formal bestens geeignet wären.
Die unterschätzte Bedeutung von Soft Skills
Warum Sozialkompetenz entscheidend ist
In einer digitalisierten, vernetzten Arbeitswelt werden Soft Skills immer wichtiger. Recruiter achten zunehmend darauf, wie gut sich jemand in Teams integriert, wie empathisch und dialogfähig ein Kandidat ist – besonders in leitenden Funktionen. Fehlende emotionale Intelligenz und ein dominanter oder selbstverliebter Auftritt sind K.o.-Kriterien, die den Ausschlag geben können.
Erfahrene Recruiter entscheiden ganzheitlich
Recruiting-Profis wissen: Der beste Lebenslauf hilft wenig, wenn der Mensch dahinter im Gespräch nicht überzeugt. Daher fließen auch subjektive Eindrücke – etwa Auftreten, Sympathie, Kommunikationsverhalten – ganz selbstverständlich in die Auswahl ein. Das mag manchen Bewerbern unfair erscheinen, ist aber Teil eines verantwortungsbewussten Prozesses, der auf kulturelle Passung und Teamdynamik achtet.
Strategien für erfolgreiches Recruiting
Daten nutzen – aber Menschen lesen
Datenanalyse hilft, Prozesse zu optimieren. Aber die finale Entscheidung bleibt eine menschliche. Unternehmen tun gut daran, Daten mit Intuition zu verbinden – und auch unangenehme Wahrheiten anzuerkennen: Nicht jeder Kandidat, der auf dem Papier passt, passt auch in die Realität des Unternehmens.
Netzwerke pflegen statt nur Profile sichten
Langfristiger Recruiting-Erfolg entsteht nicht durch Masse, sondern durch Beziehungspflege. Wer Talente frühzeitig einbindet und regelmäßig kommuniziert, erkennt Potenziale oft jenseits des Lebenslaufs. Eine gepflegte Talent-Community hilft, Persönlichkeiten zu entdecken, die nicht nur fachlich, sondern auch menschlich überzeugen.
Innovation zulassen – auch im Auswahlprozess
Agilität im Recruiting bedeutet auch: Mut zur Absage, wenn die Chemie nicht stimmt. Und Mut zur Chance, wenn ein ungewöhnlicher Kandidat menschlich überzeugt. Wer sich traut, auch weiche Faktoren konsequent in die Bewertung einzubeziehen, sichert sich nachhaltige Erfolge.
Fazit
Die Herausforderungen im Recruiting gehen weit über den vermeintlichen Fachkräftemangel hinaus. Fachliche Eignung ist nur ein Teil des Puzzles – entscheidend ist, wie Bewerber sich präsentieren, kommunizieren und ins Teamgefüge passen. Gerade ältere Kandidaten müssen sich bewusst sein, dass langjährige Erfahrung kein Freibrief für schwieriges Verhalten oder Selbstüberschätzung ist.
Unternehmen wiederum sollten den Mut haben, auch Absagen zu formulieren, wenn der persönliche Eindruck nicht überzeugt – und damit Platz schaffen für Bewerber, die fachlich wie menschlich überzeugen. Denn nur wer Mensch und Kompetenz zusammenbringt, rekrutiert wirklich zukunftsfähig.